Stephen King hatte mal wieder abgeliefert – und Film und Fernsehen reagieren. Nachdem sein Roman „Das Institut“ 2019 herausgekommen ist, folgt sechs Jahre später die Serie – keine Mini-Serie, wie ich überrascht feststellen musste.
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Worum geht’s?
Luke Ellis (Joe Freeman) ist ein hochbegabter Teenager. Nicht nur in der Schule top, denn darüber hinaus bringt er auch ein paar telekinetische Fähigkeiten mit. Das „Institut“ wird auch deshalb auf ihn aufmerksam, kidnappt ihn mitten in der Nacht aus dem Elternhaus und steckt ihn in ein Forschungsgebäude in Maine mit anderen Kindern, die sich durch übernatürliche Fähigkeiten auszeichnen. Die Mission? Ein bisschen „Dienst dem Vaterland“, ein paar Experimente und dann kann man mit frisch gelöschtem Gedächtnis wieder nach Hause. Natürlich.
Währenddessen kommt der Polizist Tim Jamieson (Ben Barnes) ebenfalls nach Maine, um sich von einem Trauma zu erholen und seiner Vergangenheit ein Stück weit zu entfliehen. Sagen wir es mal so: Alaska wäre dafür vermutlich die bessere Wahl gewesen. Aber manchmal ist man halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
King of Horror
Es ist ja nun wirklich nicht so, dass Stephen King nicht per se schon ein Bestseller-Abo auf alles abgeschlossen hätte, was er so veröffentlicht. Auch seit seinen Anfangstagen als gefeierter Horror-Autor gehen die Print-Publikationen oft mit Umsetzungen in Filmen und Serien einher.
Das hat bereits 1976 mit Kings Debüt Carrie seinen Anfang genommen, den niemand Geringeres als Meisterregisseur Brian de Palma inszeniert hat, hatte in den 90er und 00er Jahren mit Die Verurteilten und The Green Mile vermutlich mit die populärsten Outcomes, um dann 2017 mit dem erfolgreichsten Horror-Film aller Zeiten ES (Part 1) den verdienten Höhepunkt nachzulegen. Und auch im Jahr 2025 geht es mit allem weiter, was King jemals zu Papier gebracht hat.
Poe lässt grüßen
Auf Grund der Tatsache, dass wir von über 100 Romanen und einem der erfolgreichsten Autoren aller Zeiten reden, wird man auch in hunderten von Jahren noch King rezitieren und verfilmen. Vor allem retrospektiv wird er einem Edgar Allen Poe in nichts nachstehen. Wenn sich die Menschheit bis dahin nicht selbst abgeschafft hat. Nun ja. Irgendwas ist ja immer.
Aber jetzt sind wir erst einmal mit Das Institut dran. Das für King-Verhältnisse mittelmäßig dicke Buch von etwa 750 Seiten bietet natürlich jede Menge Inhalt für mindestens eine Mini-Serie. Es ist schon eine Kunst, erst dann richtig zum Punkt zu kommen, wenn andere Autoren ihre Geschichte bereits fertig erzählt hätten. Und das Ganze ohne große Längen. Das gehört zum King-Erlebnis.
Gut. Einfach gut.
Ich hatte vor einigen Jahren das Buch gelesen, und ich weiß noch, dass ich es gut fand. Kein absolutes Meisterwerk wie ES, The Stand, Der Dunkle Turm oder Der Anschlag, aber gut. Unterhaltsam. Spannende Prämisse. Toll geschrieben. Und definitiv lohnenswert, den Stoff zu verfilmen.
Dass es eine Serie geworden ist, hat mich dann etwas überrascht. Etwa wie bei der Arbeit: „Warum eine Mail schreiben, wenn man auch ein dreistündiges Meeting machen kann?“ Aber in guter alter King-Manier sollte man sich für gute Geschichten auch Zeit nehmen. Und in diesem konkreten Fall ist es nur konsequent, dass die Verfilmung mich total an das Buch erinnert hat. Das Buch ist gut. Und die Serie auch.
Funke? Ja. Feuerwerk? Nein.
Doch „gut“ hat für viele den Beinamen „kleiner Bruder von scheiße“. Ich gehöre nicht dazu. „Gut“ ist absolut legitim. Aber wer Meisterwerke am laufenden Band gewohnt ist, wozu die heutige Streaming-Landschaft abseits von linearem Fernsehen zwangsläufig einlädt, könnte enttäuscht werden.
Und ich kann noch nicht einmal genau benennen, woran es liegt, dass der Funke zwar überspringt, aber kein Feuerwerk auslöst. Die Geschichte ist in der TV-Version ein bisschen neu arrangiert, das passt. Aber insgeheim habe ich den Eindruck, dass es zu gewollt ist, man sich zu sehr auf den Namen King verlassen hat und sich daher auch zu wenig getraut hat, eigene Ideen einzubringen. Und vielleicht hat auch ein bisschen Budget gefehlt.
Mangelnde Authentizität
Jungdarsteller sind wahrscheinlich nie leicht zu besetzen, und auch wenn Joe Freeman und seine Freunde aus dem Institut ihre Sache ganz ordentlich machen, erreicht die Performance zu keiner Zeit absolutes Top-Niveau. Sie tragen den Großteil der Handlung, ohne Frage, taugen zumindest für mich aber nicht als Identifikationsfiguren. Ich leide nicht mit ihnen. Es wirkt nicht vollkommen glaubwürdig. Zumindest anfangs nicht.
Besser passt da meines Erachtens Ben Barnes, der ein bisschen mehr Esprit und Authentizität aufs Parkett legt. Ihm kaufe ich das moralische Dilemma, in das er sich befördert, durchaus ab. Andere routiniertere Darsteller um Weeds-Darstellerin und Emmy-Gewinnerin Mary-Louise Parker (Institutsleiterin Ms. Sigsby) überzeugen ebenfalls weniger und bleiben stereotypisch.
Es wäre mehr möglich gewesen
Nichtsdestotrotz funktioniert die Serie auch so ganz… gut. Wenn die Geschichte ein bisschen Fahrt aufnimmt, fallen die Kritikpunkte weniger ins Gewicht. Die zweite Hälfte der ersten Staffel hat mir dann auch deutlich besser gefallen, weil etwaig fehlende Atmosphäre ein Stück weit von der Dynamik kompensiert wurde.
Aber unterm Strich bleibt der Eindruck, dass aus der guten Serie eine sehr gute hätte werden können, wenn man sich ein bisschen mehr bemüht hätte. Und vielleicht ist es dann auch ganz passend, dass – anders als im Buch – die Geschichte eine Fortsetzung erfahren könnte. Wollen wir hoffen, dass der portionierte Cliffhanger genug Strahlkraft hat, um mich dann in einer folgenden Staffel eines Besseren zu belehren. Das Buch-Ende mochte ich auch nicht wirklich. Aber es ist und bleibt halt ein King.
MADDIN MEINT
Entführte Kinder, übernatürliche Fähigkeiten, eine riesige Verschwörung – in Das Institut steckt wirklich viel Potential. Aber man würde sich wünschen, dass die Macher der Serie an ihre Grenzen gebracht hätten werden müssen, um wie die begabten Kinder in Serie und Buch zu Hochleistungen gepusht zu werden. Das ist nicht der Fall. Noch nicht? Schauen wir einmal, ob es für eine zweite Staffel reicht.

